Mitbestimmung in der Stadtplanung – nur wie?
Shownotes
In dieser Folge des Podcasts „Stadtvisionen – jung gedacht“ spricht Aline Fraikin mit Susanne Fuchs, Landschaftsplanerin und Expertin für Jugendbeteiligung, über praxisnahe Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in kommunalen Stadtplanungsprozessen. Während Beteiligung bei konkreten Vorhaben wie Spielplätzen inzwischen zum Standard gehört, bleibt sie in der klassischen Bauleitplanung trotz gesetzlicher Vorgaben oft unzureichend.
Susanne Fuchs plädiert für eine frühzeitige Einbindung junger Menschen, die Nutzung jugendgerechter Kommunikationswege und eine engere Zusammenarbeit zwischen Stadt- und Jugendämtern. Besonders positiv sticht das Beispiel der Wedemark hervor: Dort fand bereits vor dem Aufstellungsbeschluss eines Bauleitplans eine aufwendige und kreative Beteiligung von Kindern und Jugendlichen statt.
Die Folge zeigt deutlich: Kinder und Jugendliche verfügen über wertvolles Wissen über ihre Lebenswelt – dieses Potenzial muss stärker genutzt werden. Dafür braucht es mehr finanzielle Mittel, politisches Engagement und gezielt ausgebildete Fachkräfte.
Die zentrale Botschaft der Folge ist unüberhörbar: Kinder- und Jugendinteressen werden in der Stadtplanung noch zu oft vernachlässigt!
Produktion: Koproduktion der Städte Mannheim, Köln und des Berliner Bezirks Pankow
Redaktion: Jürgen Brecht, Anica Latzer-Schulte und Aline Fraikin
Produktion und Technik: Meredo
Jingle und Schnitt: Dylan White
Cover: Maja Luna Neumann
Weiterführende Links: Child-friendly Cities Initiative
Bauleitplanung mit Kindern und Jugendlichen in der Wedemark
Moderator:innenweiterbildung KiJu-Beteiligung
Kontakt: kinderfreundlich@ba-pankow.berlin.de
Transkript anzeigen
Audio Transkription Podcast Stadtvisionen jung gedacht – Susanne Fuchs
Aline Fraikin: Hallo Und herzlich willkommen, liebe Zuhörer:innen zur inzwischen dritten Folge des Podcasts Stadtvisionen Jung gedacht. In unserer Podcastreihe möchten wir einen Blick auf die Rechte von Kindern in unserem Land werfen. Gemeinsam mit spannenden Gästen schauen wir, was wir in unseren Städten und Landkreisen tun können, damit Kinder und Jugendliche in einer Umgebung aufwachsen, die ihre Bedürfnisse ernst nimmt und ihnen ein gutes Leben ermöglicht. Mein Name ist Aline Fraikin und ich führe euch durch diese Podcast Episode. Wir möchten uns heute ganz praxisnah anschauen, wo wir mit dem Thema Kinder- und Jugendbeteiligung in kommunalen Stadtplanungsprozessen stehen. Als meine Interviewpartnerin begrüße ich dafür Susanne Fuchs. Susanne Fuchs hat viele Jahre lang für den Verein kinderfreundliche Kommunen gearbeitet und dabei einige Kommunen im Programm mit der Umsetzung ihrer Aktionspläne eng betreut. Mit ihrem Hintergrund als Landschaftsplanerin lag ihre Expertise vor allem, aber nicht nur, in räumlichen Fragen und der Beteiligung junger Menschen an Planungsprozessen. Heute arbeitet Susanne Fuchs im Bezirksamt Reinickendorf in Berlin. Herzlich willkommen, Frau Fuchs. Vielleicht zunächst zur Einordnung für unsere Zuhörer:innen und auch aus ihrer Erfahrung der Betreuung der Kommunen. Was ist räumliche Planung oder Stadtentwicklung überhaupt? Mit welchen Aufgaben und Arbeitsbereichen haben Stadtplaner:innen in einem Kontext kommunaler Verwaltungen zu tun und zuletzt, wie sind Kinder und Jugendliche davon eigentlich berührt?
Susanne Fuchs: Ja, hallo Frau Fraikin. Dann gebe ich einen kurzen Abriss, einen kurzen Überblick, weil es da ja auch um viele Fachplanungsbegriffe geht, die wir vielleicht noch mal wieder weiter dann auch besprechen. In den Stadtwicklungsämtern der Kommunen arbeiten meistens sogenannte Stadtplaner und manchmal eben auch wie ich Landschaftsplaner:innen. Und das Arbeitsfeld ist sehr vielfältig, weil die Planung von Stadtteilen oder einer gesamten Kommune betrifft eben einmal die Planung von Gewerbegebieten, aber auch die Planung von Straßen, Plätzen, öffentlichen Räumen, z.B. auch der Spielplatzversorgung in einer Kommune, aber auch der Planung von Grünflächen im gesamten System. Aber die klassische Aufgabe in der Stadtentwicklung ist die Entwicklung von Baugebieten fürs Wohnen und auch für gewerbliche Nutzung und für Wohngebiete ist halt im Moment sehr viel los. Die Bundesregierung haben ja sehr viel Druck gemacht. Das heißt, die Kommunen müssen Baugebiete fürs Wohnen entwickeln. Das machen sie im Rahmen der Bauleitplanung. Die Bauleitplanung ist ein festes Verfahren mit vielen Schritten und man spricht dabei von Bebauungsplänen, die werden nachher dann in der Kommune auch quasi als ein Ortsgesetz festgesetzt. In dieser Bauleitplanung kann man und muss man an sich Kinder und Jugendliche mit beteiligen. Dazu kommen wir ja noch und es gibt aber darüber hinaus in der Stadtentwicklung auch noch viele informelle Planungen. z.B. in Stadtfördergebieten, also wo es Fördermittel gibt oder auch ja informelle Planung, wie soll sich ein Stadtteil weiterentwickeln.
Aline Fraikin: Und was unterscheidet diese „informellen“ Planungen von formellen Planungsprozessen? Also informell klingt so nach „Die Bürger:innen planen selber“ oder es wird ganz bottom-up etwas aus der Bevölkerung heraus geplant, aber das ist es ja eigentlich nicht, oder?
Susanne Fuchs: Das kann es auch sein. Dazu gibt es auch Beispiele, wo man von Anfang an den Prozess ganz eng mit bürgerschaftlichen Initiativen z.B. macht und auch plant. Das ist aber eher die Ausnahme. Informelle Konzepte heißt nur, die werden nicht wie ein Bebauungsplan nachher als Ortsatzung beschlossen, sondern sie dienen quasi nur mal in der Verwaltung als eine Grundlage, wo man immer wieder reinguckt, und für aktuelle Planung sagen muss, mache ich das so wie unser Konzept, das vor 2-3 Jahren so sich gedacht hat oder weiche ich davon ab und warum weiche ich davon ab? Also, es ist quasi so eine informelle Handlungsgrundlage.
Aline Fraikin: Vor allem in ihrer Arbeit bei den Kinderfreundlichen Kommunen haben sie immer wieder die Notwendigkeit der Mitsprache von Kindern und Jugendlichen bei der Gestaltung ihrer Umwelt betont. Das haben Sie z.B. durch Blogartikel oder andere Artikel in Fachzeitschriften getan. Wie schätzen Sie aktuell die generelle Bereitschaft, aber eben auch die tatsächliche Umsetzung der Kinder- und Jugendbeteiligung in der kommunalen Praxis in Deutschland ein und gibt es hier eher Fortschritte oder sehen Sie weiterhin Defizite?
Susanne Fuchs: Ja, man kann ganz grundsätzlich sagen, dass Kinder- und Jugendbeteiligung bei ganz konkreten Planungsaufgaben, also Klassiker sind Spielplätze und teilweise auch Sportanlagen, eigentlich zum Standard geworden ist. Und das gilt quasi von Flensburg bis Weil am Rhein, also von Nord nach Süd, von Ost nach West. Das ist eigentlich nichts mehr über das diskutiert wird, sondern die planenden Ämter, das ist meistens aber nicht die Stadtentwicklung, sondern das sind oft die Grünflächenämter, die machen das und die haben auch ihre bewährten Verfahren, die beziehen Kinder und Jugendliche ein. Es geht auch oft bei der Schulhofumgestaltung mit solchen Partizipationsverfahren. Wo es eher weniger Umsetzung gibt, de facto ist bisher die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der klassischen Bauleitplanung, also bei z.B. der Aufstellung eines Bebauungsplans, aber auch bei vielen informellen Konzepten, wobei das bei informellen Konzepten schon besser geworden ist, also wenn man z.B. ein sogenanntes integriertes Stadtentwicklungskonzept für ein neues Fördergebiet entwickelt oder plant, dann gibt es dabei oft schon Kinder- und Jugendbeteiligung, z.B. im in Form einer Spielleitplanung. Das gibt es in einigen Kommunen schon, hat sich schon durchgesetzt, weil das interessante Methode ist, aber gibt auch kleine und große Beteiligungsprojekte innerhalb von diesen informellen Konzepten. Nur bei der klassischen Bauleitplanung sucht man das bisher, also ist es relativ selten, hat sich noch nicht so durchgesetzt. Eine Bereitschaft gibt es im Prinzip schon, aber es ist in der Bauleitplanung gibt es eben die klassischen Verfahrensschritte und da ist eine verpflichtende Öffentlichkeitsbeteiligung im zweiten Verfahrensschritt vorgesehen. Das ist die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung und das macht man bisher halt mit eher standardisierten Beteiligungsverfahren. Man informiert heute in der Regel über online und in Zeitung, dass es einen Bebauungsplan geben soll, man informiert manchmal auch noch über eine Bürgerinformationsveranstaltung, wo vorne dann jemand den Bauleitplan vorstellt. Meistens aber liegt der Bauleitplan erstmal nur in der Behörde aus und das sind alles keine jugendgerechten Beteiligungsformate und von daher werden sie also auch eher nicht von Jugendlichen oder Kindern genutzt, obwohl in Anführungszeichen die planenden eine Beteiligung gemacht haben. Was man vor allen Dingen noch weiterentwickeln sollte, ist die Zusammenarbeit zwischen Stadtplanerinnen und Stadtplanern und Jugend Arbeitern Arbeiterinnen in den jeweiligen Kommunen, um da eben gemeinsam darüber zu sprechen, in welcher Art und Weise man denn überhaupt Beteiligung machen kann.
Aline Fraikin: Es wäre auch total schön, wenn Sie uns dieses Instrument der Spielleitplanung da vielleicht mal kurz umreisen könnten, aber vielleicht noch mal zu den Informationskanälen und Formaten. Was denken Sie denn, wären geeignet oder geeignetere Kanäle, denn ja, man kann irgendwie punktuell Kinder und Jugendliche in die Planung einbeziehen, aber ich z.B. arbeite für einen riesengroßen Bezirk, wo hat 400.000 Einwohnende und in der Breite sozusagen alle Jugendlichen und Kinder über ihre Beteiligungsmöglichkeiten auch zu informieren und die Planung, da fehlen mir auch teilweise noch die Ansätze, wie man genau wie man die anspricht und erreicht. Fällt Ihnen dazu was ein?
Susanne Fuchs: Die Erreichbarkeit ist natürlich immer das große Problem, egal ob es eine kleine Aufgabe wie einen Schulhof ist oder ein Spielplatz, da erreicht man vielleicht die Kinder und Jugendlichen noch eher im Quartier, aber Kontaktpersonen zu Jugendfreizeiteinrichtung beispielsweise, zu Schulen oder Kitas, je nachdem welche Gruppe ich beteiligen möchte, ist natürlich total wichtig. Oder auch zu Streetworkern, also Vereinen, die sich um die kommunale Kinder- und Jugendarbeit vor Ort auf der Straße kümmern, wie Gangway hier in Berlin oder ähnliche sind super Ansprechpartner dafür, aber dieses Netzwerk muss ich natürlich auch erstmal entwickeln und die Pfade sind oft eben über die Kollegen aus der kommunalen Jugendförderung oder Jugendhilfe in den Bezirksämtern oder der klassischen Kinder und Jugendbeauftragten in den Bezirksämtern. Das ist zum einen Weg was in vielen Kommunen und Bezirken auch schon genutzt wird, also auch hier in Berlin sind Kommunikationskanäle über WhatsApp oder Messenger Dienste oder Instagram oder ähnliches ist aber für uns in der Verwaltung bisher immer etwas umstritten, weil das natürlich Datenschutzrechtliche Probleme mit sich bringt. Von daher ist eher die Frage, ob man mit den Jugendleuten vor Ort drüber nachdenkt, wo man was wie publizieren kann, aushängen kann, ob ein QR-Code irgendwo Sinn macht auf einem Plakat, ob man das über die Schulen spielt oder ähnliches. Da gibt's tatsächlich noch nicht so viele optimierte Lösung. Das muss man, glaube ich, für die Aufgabe selber immer wieder noch mal erforschen.
Aline Fraikin: Es ist ja wirklich interessant, dass da scheinbar so Defizite vorherrschen, obwohl also wir haben in Deutschland das Baugesetzbuch als die Grundlage des planerischen Handelns und seit 2013 schreibt der Paragraph 3 Satz 1 die frühzeitige Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen, also eben diese Information, über die wir gerade reden, gesetzlich vor, also Kinder und Jugendliche werden als Teil der Öffentlichkeit mitgedacht, wenn Überplanungsziele unterrichtet werden muss. Das heißt, es gibt da wirklich eine Verpflichtung. Sie sagen jetzt aber, dass die Kommunen eigentlich diesem Auftrag gar nicht so richtig gerecht werden. Hätten nicht Kinder und Jugendliche dann vielleicht auch die Möglichkeit, das einzuklagen? Mal ganz naiv gefragt.
Susanne Fuchs: Ja, der der Hinweis auf den Paragraph 3 Absatz 1 Baugesetzbuch ist natürlich schon ganz wichtig. Weil wir uns ja in der Stadtentwicklung und Stadtplanung in den Behörden immer sehr stark an dem Baugesetzbuch orientieren, da geht es ja auch nicht nur um Unterrichtung, sondern natürlich auch um Äußerung und Erörterung. Das ist ein dialogorientierter Prozess an sich. Der findet aber auch schon mit allen anderen gesellschaftlichen Gruppen eher weniger statt, weil wenn ich nur auslege oder irgendwo im Web informiere, habe ich ja nur eine einseitige Informationsschiene zunächst. Habe ich noch eine Veranstaltung, gibt's da zumindest die Möglichkeit Fragen zu stellen. Natürlich kann man auch online Fragen stellen über mein Berlin.de hier in Berlin geht das natürlich auch, aber es ist natürlich ein deutlich unpersönlicherer Kontakt und das Dialogverfahren ja ist durchaus noch entwicklungsbedürftig, ob damit der Verpflichtung vom Baugesetzbuch bzw. von der Kinderrechtskonvention ausreichend Sorge getragen wird, ja, das ist natürlich ein bisschen zu bezweifeln. Weil wenn ich Kinder und Jugendliche nicht auf den Kanälen erreiche und auch nicht in einer Form erreiche, die sie verstehen können, Thema Fachsprache bzw. komplizierte Begrifflichkeiten. Wir reden hier oft vom B-Plan von irgendwelchen GRZ Zahlen, Grundflächenzahl und ähnliches. Das ist natürlich etwas, was Planer Latein ist, was man erstmal übersetzen muss. Damit kommen ja auch viele Laien in der Erwachsenenwelt nicht unbedingt gleich sofort zurecht. Wäre also für alle eigentlich von Vorteil, das in anderer Form zu erklären, damit man auch versteht, was damit gemeint ist. Das ist natürlich das eine Problem. Das andere Problem ist, dass der Beteiligungsschritt dieser frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung, wo ich Kinder und Jugendliche eigentlich qua Baugesetzbuch noch mitnehmen muss, ist schon ein Schritt, da sind die Ziele im Bau Gebiet oder in dem Bauleitplan schon gesetzt. Das heißt, ich kann eigentlich nur noch in Anführungsstrichen Fragen stellen, ein bisschen rummeckern, ob da der Abstand zwischen den Gebäuden, die da geplant sind, zu groß, zu klein ist oder wie auch immer. Aber die grundsätzliche Planaussage ist bereits getroffen zu dem Zeitpunkt. Das heißt, man hat eigentlich keine Möglichkeit mehr wirklich kreativ sich noch einzubringen. Und das ist für Erwachsene, wie für Kinder und Jugendliche natürlich sag mal in Anführungsstrichen ein bisschen frustrierend, weil erstmal muss man den abstrakten Plan begreifen und zum anderen hat man eigentlich kaum noch Möglichkeiten, sich da wirklich einzubringen. Also natürlich könnte ich als Jugendlicher fordern, ich möchte hier noch einen Bolzplatz oder eine Skateanlage oder einen jugendgerechten ausgestatteten Freizeit- und Spielort, aber wenn vorher schon entschieden wurde, dass im Rahmen dieses Baugebietes dafür überhaupt kein Platz ist oder man die erforderliche Fläche für Feuerwehrerschließung als naturschutzfachliche Ausgleichsfläche braucht, dann konkurrieren dann natürlich Nutzungen miteinander und das ist nicht so ganz einfach. Von den Planenden werden meistens die Kinder und Jugendliche Teile der großen Öffentlichkeit gesehen und es wird eben eher weniger im Detail drüber nachgedacht, ob die eben davon mitbekommen, dass da überhaupt ein Bauleitplan gemacht wird oder eine informelle Planung entsteht, als auch welche Möglichkeiten sie eigentlich haben dazu eine Aussage zu treffen und ob überhaupt das Interesse überhaupt geweckt wird. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Kinder und Jugendliche total interessiert sind mitzuwirken und die sind ganz große Experten und Expertinnen gerade beim Thema Verkehr, beim Thema unsichere Orte, beim Thema Wegeverbindung, öffentlicher Raum, Plätze und Begrünung und Naturschutz. Also, es gibt ja auch viele Kinder und Jugendliche, die sich ganz doll für Tierarten, für Bäume, für Natur interessieren und sich da natürlich total gut einbringen könnten. Aber das Problem an der an der Bauleitplanung jetzt an der klassischen ist, dass eigentlich die formelle Beteiligung zu spät kommt. Man müsste sie früher ansetzen. Dazu vielleicht nachher noch weiteres.
Und die informellen Planung z.B. für einen neuen ganz großen Stadtteil, wie hier jetzt in Tegel auf dem Flughafengelände oder für eine Förderung, wo also Fördermittel für Plätze, für den Umbau von Schulhöfen, den Umbau von Straßenräumen etc. ausgegeben werden dürfen später, diese formellen informellen Konzepte, da ist eigentlich die beste Möglichkeit Kinder- und Jugendbeteiligung mitzudenken und das hat man auch schon in dem in der ein oder anderen Kommune gemacht und da eignet sich eben insbesondere die Methode der Spielplanung ganz gut, aber gibt es natürlich auch noch viele andere Methoden, die man dann nutzen kann. Da ist eher das Problem, dass die planenden nicht so richtig wissen, welche Methode sie vielleicht nehmen könnten. Da gibt es also noch Unsicherheiten und vielleicht auch noch Notwendigkeit von Fortbildung.
Aline Fraikin: Ich will noch mal mal einen ganz wichtigen Punkt festhalten, den Sie gerade genannt haben. Da wird auch in der Wissenschaft mannigfaltig drauf hingewiesen, dass es eigentlich so eine Art ja wirklich gut durchdachtes Erwartungsmanagement geben muss und die Beteiligungsdurchführenden eigentlich ganz früh die Kinder und Jugendlichen entweder mit einbinden müssen oder wenn zu einem späteren Zeitpunkt drauf hinweisen müssen, die und die Themen, die und die Planbestandteile sind gesetzt, wir laden euch aber herzlich ein, die und die Aspekte zu diskutieren mit uns. Also ich glaube, dass das kann total drastische Folgen haben für diese frühen ja Demokratieerfahrungen, wenn die sozusagen da mit ganz anderen Erwartungen reingehen. Kommen wir vielleicht mal zu einem Positivbeispiel. Sie haben einen Artikel geschrieben über die Wedemark. Das ist eine niedersächsische Gemeinde nördlich von Hannover und da sagen sie hat das eigentlich sehr gut geklappt, wie Kinder und Jugendliche einbezogen wurden, nämlich dadurch, dass sie vor dem Aufstellungsbeschluss des Bauleitplans für ein Neubaugebiet namens Mühlengrund einbezogen wurden. Vielleicht können Sie mal erklären, was das Besondere daran ist und wie genau das ablief.
Susanne Fuchs: Ja, das war eigentlich im Prinzip ein Beteiligungspilotprojekt im Rahmen der Bewerbung dieser Gemeinde um das Siegel für kinderfreundliche Kommunen und damit gab es eine große Bereitschaft des Bürgermeisters und des Bauamtsleiters, dafür so ein Prozess und so einen Weg neu zu gehen. Es gibt auch eine Kinder- und Jugendbeauftragte in der Wedemark, die sich sehr intensiv dafür eingesetzt hat und die das alles mit vorbereitet hat. Und es gab eine Frau, die an der Kunstschule der Wedemark das Ganze in eine sehr vielfältige Beteiligungsaktion gebracht hat. Das heißt, die Wedemark ist ein besonderes Beispiel, aber nicht unbedingt der zukünftige Prototyp so eine Beteiligung, weil das Verfahren selbst relativ aufwendig, mehrschrittig und extrem kreativ war. Es hat natürlich auch ein bisschen was gekostet, also es war jetzt nicht kostenfrei und es sind einige Stunden der Beteiligten da reingeflossen. Die Ergebnisse sind unglaublich gewesen und vor allen Dingen hat es neben Ausstellungen und Vorstellungen, also Präsentationen der Kinder und Jugendlichen, die da beteiligt waren, vor Gemeindeverwaltung und Öffentlichkeit eben auch eine Ausstellung der Ergebnisse gegeben. Man hat die Kinder und Jugendlichen haben nicht nur gezeichnet und gemalt, sondern sie haben fotografiert, sie haben das Baugebiet erstmal sich angeguckt, also gemeinsam mit den Planerinnen und Planern der Gemeinde eine Meinung darüber gebildet. Sie haben mit ihnen respektvoll diskutiert auf Augenhöhe. Sie haben verstanden, warum es da bestimmte Böden gibt und wo das Wasser hinläuft und das ist ein Gefälle gibt und wie man mit Naturschutzbelangen umgeht. Also man hat sich gegenseitig gemeinsame Grundlagen angeeignet und diese auch besprochen. Das hat natürlich Kinder und Jugendliche in eine ganz andere Kompetenz versetzt, im Beteiligungsprozess mitzuwirken. Aber die Kinder und Jugendlichen konnten auch Modelle bauen und das hat das Ganze noch mal in eine Dreidimensionalität gebracht, die für die planenden mit Sicherheit auch eine tolle Erfahrung war, weil ich selber aus der Stadtentwicklung sagen kann, wann haben wir schon mal Modelle? Also das Das ist eher selten. die wirklich dreidimensional zeigen, wie hochkönnen denn die Gebäude werden, wie stehen die und von wo wird zugefahren und welche Wege sind da eigentlich zurückzulegen in so einem Gebiet oder ähnliches. Also, das war eine ganz tolle Besonderheit und eben auch dieser respektvolle Umgang miteinander, das Feedback Verfahren, also der Bauamtsleiter hat nach den Öffentlichkeitsbeteiligungen eben auch noch mal gesagt, er war wirklich unglaublich, man könnte sagen, geflasht, also persönlich motiviert, erstaunt dass da so viele interessante Ideen kamen, so viele umsetzbare Punkte auch kamen, dass Kinder und Jugendliche in der Lage waren, sich da wirklich in diese Aufgabe auch hineinzudenken. Das hat viele Vorurteile in Anführungsstrichen, vielleicht waren da gar nicht so große Vorurteile vorhanden, aber es hat sich abgebaut und es hat natürlich eine persönliche Motivation auch noch mal geschaffen mit diesen Ergebnissen auch weiterzuarbeiten im Beteiligungs- oder in dem Planungsprozess.
Aline Fraikin: Wenn ich mal kurz einhaken dürfte, gab's an diesem ganzen Aufbau, also sie haben es gerade schon gesagt, es war unglaublich aufwendig, personal intensiv, sagen wir mal so, und sehr kreativ. Also gab es z.B. eben auch eine Herausforderung im Sinne von; diese super abstrakten, kreativen Ergebnisse müssen irgendwie in einen Plan oder in eine Abwägung gegossen werden.
Susanne Fuchs: Ja, es gibt natürlich auch immer und das ist glaube ich der Haupt Punkt, der als ein Aspekt die Kinder- und Jugendbeteiligung bei solcher Bauleitplanung heute immer noch überall verhindert. Es gibt natürlich eine große Skepsis erstmal von den Planenden, die muss man quasi aufbrechen. Es gibt oft kein politisches Mandat dafür, das auch zu tun konkret. Das Geld wird nicht immer eingeplant in dieser sogenannten Phase null, also eigentlich vor dem Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans ist bereits diese Beteiligung durchzuführen. Aber man muss natürlich auch die von Kindern und Jugendlichen übersetzen. Also das ist so ein bisschen das Stück, wo nehme ich das mit? Und in der Wedemark gab es eine sehr ja einerseits auch eine lustige Idee von den Kindern und Jugendlichen, die haben gesagt, wir wünschen uns in dem Baugebiet zwischen den Gebäuden unterirdische Gänge, damit wir uns auch, wenn es regnet, gut besuchen können ohne nass zu werden. Das ist klingt natürlich erstmal ganz witzig und eigentlich nicht realisierbar und der Bebauungsplan legt natürlich solche Dinge eigentlich auch nicht fest. So, das ist nicht sein Inhalt. Aber dem Bauamtsleiter hat das noch mal Augen geöffnet für das, was dahintersteckt. Also, ich muss dann diese Ideen quasi in Fachplanung umsetzen und noch mal hinterfragen und das hieß, wie kann ich die Wege zwischen den Gebäuden, zwischen den Eingängen vielleicht besonders kurz machen, direkt machen und kann ich sie vielleicht auch etwas regensicherer planen, indem ich da vielleicht Bäume nachher Pflanze, die diese Wege überschatten und damit kann man dann da auch mal eben jemanden besuchen, ohne gleich total nass zu werden. Und das bedeutet dann eine Umsetzung quasi in die Sprache des Plans. Aber dazu muss man natürlich eine gewisse Bereitschaft mitbringen. Die wird aber oft über diese Beteiligungsprozesse erzeugt. Man guckt dann noch mal anders als Planer drauf.
Aline Fraikin: Man kann natürlich auch über genau dieses Baugebiet hinaus noch ganz viel mitnehmen von der Expertise der Kinder und Jugendlichen. Also ich glaube sich einfach mal zu trauen in so einen intensiven Prozess zu gehen kann auch noch Jahre später, man hat die Erkenntnis in der Schublade, man kann sie immer wieder verwenden eigentlich. Haben Sie noch andere Aspekte oder Beispiele für uns, wo wirklich die Ideen der Kinder und Jugendlichen in diesem Prozess auch später Erwähnung in den in dem Plan gefunden haben?
Susanne Fuchs: Ja, dazu kann ich vielleicht nur ein zwei Beispiele nennen. Insbesondere in der Wedemark, aber auch in anderen Kommunen, wo diese Schritte dann schon probiert wurden, war die Erkenntnis bei den Planenden vor allen Dingen groß, wenn es um Verkehrsbelange ging. Kinder und Jugendliche können unglaublich gut mitreden, wie breit Bürgersteige sein sollten, wo es Fahrradwege braucht, ob es einen Platz braucht, wo sich Leute treffen können. Also auch soziale Belange werden mitgedacht, auch für andere Altersgruppen und Zielgruppen. In der Wedemark z.B. wurde der Vorschlag gemacht, der ist dann tatsächlich auch in den Plan übernommen worden, einen Platz in der Siedlung am Ende einer kleinen Straße, also die Straße endet in einer Sackgasse, kann man sagen, aufzunehmen, wo man einen Begegnungsort für die Leute aus der Siedlung schafft. Und die Kinder und Jugendlichen hatten gesagt, das ist besonders ein Ort für Leute, die ein Hund haben und die sich dann da treffen und ins Gespräch kommen, aber kann natürlich auch für alle möglichen anderen Altersgruppen sein. Und daher sind diese sozialen Belange, die da oft von Kindern und Jugendlichen mitgedacht werden, glaube ich, ein ganz wichtiger Impuls, der wunderbar in die Bauleitplanung mit integriert werden kann, auch vielleicht, wenn es um den Erhalt von einzelnen Bäumen geht oder ähnliches, die noch mal so eine Identifikation haben, aber insbesondere die Verkehrsbelange sind, glaube ich, ein gutes Beispiel dafür, dass da noch mal der andere Blickwinkel reinkommt der Nutzenden, die eben nicht die Autointeressen im Auge haben, sondern alternative Mobilitätssthemen reinsteuern.
Aline Fraikin: Also Mut zur Beteiligung, liebe Straßen- und Grünflächenämter! Kommen wir vielleicht mal zu Formaten. Also, ich glaube, in der Wedemark gab's ja eine Zukunftswerkstatt und dann wurde eben in so Modellworkshops sehr künstlerisch genau miteinander gearbeitet. Welche anderen Formate der Kinder- und Jugendbeteiligung sind in ihrer Erfahrung gewinnbringend und zielführend?
Susanne Fuchs: Ja, in der Wedemark war das ja insbesondere auch, also eine Zukunftswerk ist ja so ein mehrstufiges Verfahren auch recht aufwendig und da braucht's auch schon so ein bisschen Input im Vorfeld, damit die Kinder und Jugendlichen auch wissen, worüber sie da reden. Ich fand nicht nur in der Wedemark, sondern auch auch in anderen Beispielen ist total gut und wichtig, wenn man einmal zusammen vor Ort geht und sich gemeinsam unterhält auch mit Fachplanern, die etwas sagen können, z.B. zum Thema Artenschutz, Naturschutz, weil das auch ein Thema ist, was Kinder und Jugendliche besonders interessiert, die da noch mal Pro und Kontra schon mal reinsteuern in die Diskussion, also das heißt, die Kinder und Jugendlichen schon vorinformieren können. Das schafft ein Infopool. Das ist also einen gemeinsamen Vorort gehen, sich die Fläche erschließen, auch mal gucken mit Schritten, wie groß ist die Fläche denn eigentlich, weil so ein Plan ist extrem abstrakt. Wer kann wirklich vom Kopf aussagen, das sind 500 m, wie weit ist das wirklich auseinander? Das zweite ist, dass es aus meiner Sicht eine Mischung aus kognitiven Methoden. Also die Zukunftswerkstatt ist ja eine stark kognitive Methode. Man arbeitet mit Karten, mit einer Abfrage. Klar ist auch ein Diskussionsprozess, aber es wird viel aufgeschrieben. Sollte sich immer wieder abwechseln mit spielerischen kreativen Methoden, damit man auch mal loslassen kann, quasi den spielerischen Aspekt mit drin hat, auch durchaus noch für ältere Kinder und Jugendliche mal sich bewegen aktiv, vielleicht auch was zeichnen, was malen, was basteln, weil das andere Formen des Ausdrucks sind und wir bei den nicht nur bei Erwachsenen, sondern bei Kindern und Jugendlichen ja immer die ganze Breite an Möglichkeiten wie man etwas erarbeitet und mitgeteilt haben. Also manche können eben ihre Ideen besser im Modell ausdrücken und nicht so stark im Gespräch. So, das sollte man immer mit abholen. Manchmal ist auch ein Quiz oder ein sogenannter Spaziergang durch das Quartier, wo man erstmal rote und grüne Karten verteilt. Was ist gut, was ist nicht gut? Wo gibt's Handlungsbedarf? Und das mit Fotos festhält, vielleicht eine eigene Fotoanalyse auch durch die Kinder und Jugendliche. In so einem Verfahren sind alles Formate, kleine Formate, die vielleicht zusammengekoppelt werden können und am Ende haben wir Ergebnisse. Das funktioniert. ich finde immer ganz wichtig, dass man den Dialogprozess mitdenkt. Das heißt, wenn die sich einmal beteiligen und die Stadtplanung die Ideen mitnimmt, sollte es noch mal einen weiteren Termin geben, wo die Stadtplanung dann sagt, das konnten wir berücksichtigen von euren Ideen und manche Ideen eben nicht, weil… Damit es hier eine Wirksamkeit bei den Beteiligten gibt und die nicht nur den Eindruck haben, ich habe da jetzt ganz viele Ideen abgegeben und ganz viel Kritik geäußert und was passiert damit und ich höre nichts mehr davon. Das ist ja bei Erwachsenen ein ähnliches Phänomen, dass wir uns manchmal fragen, was hat es jetzt gebracht, dass ich da irgendwas zu gesagt habe, wenn ich keine Rückmeldung bekomme? So.
Ein weiterer Punkt, der aus meiner Sicht extrem wichtig ist, Für alle Beteiligten ist, dass Kinder und Jugendliche ihre Ergebnisse aus dem Beteiligungsverfahren präsentieren können und zwar vor Öffentlichkeit oder und vor Verwaltung und vor Politik, weil Politik sind ja nachher die Entscheider, die dann sagen, der Plan wird genehmigt oder wird so weiter bearbeitet und wenn man die Politiker und Politikerinnen auf der kommunalen Ebene abholt und den Kindern und Jugendlichen Möglichkeit gibt ihre Ideen hier darzustellen, entsteht auch auf der politischen Ebene ein Aha-Effekt und oft auch ein emotionaler Effekt, dass man merkt, die Kinder und Jugendlichen sind in der Lage, das auch zu verstehen und haben gute Ideen und sind gewillt, sich zu beteiligen, weil wir oft ja auf der anderen Seite kritische Punkte haben, die hängen überall nur rum, sie machen was kaputt, sie sind laut. Das setzt dem ganzen noch mal einen Gegenpunkt und schafft, glaube ich, Motivation für neue Beteiligungsprozesse bei allen Beteiligten.
Aline Fraikin: Ja, und ich glaube, es ist irgendwie auch eine Art der Wertschätzung. Die haben da ihr Wissen, die haben ihre Zeit gegeben. Das mindeste, was die Verwaltung dann tun kann, ist sozusagen einmal eben diese Rechenschaftspflicht ernst zu nehmen, am Ende zu sagen, das und das konnten wir aufnehmen, das und das nicht, weil und im zweiten Gang ihnen vielleicht dann eben auch eine Bühne zu geben und zu sagen, hier vor diesen, das macht ja auch ein Eindruck, wenn da der Bürgermeister sitzt, vor diesen wichtigen Leuten dürft ihr jetzt eure Modelle vorstellen. Würden Sie sagen, es gibt so eine Art Mindestalter, also natürlich je nach Planungsvorhaben. Ich denke, bei Spielplatzplanungen kann man auch schon ganz konkret und Praxis nach vor die ganz kleinen mit einbinden, aber gibt's in ihrer Erfahrung so eine Art ja Mindestalter, wo sie sagen, okay, alles, was drunter ist, da ist es schwierig die Konzentration zu halten, oder ja, diese Inhalte zu vermitteln, über die wir da sprechen möchten.
Susanne Fuchs: Es gibt natürlich immer Kinder und Jugendliche, die ihrer Altersgruppe schon in der Entwicklung einfach sehr voraus sind. Das ist immer relativ, aber man kann natürlich sagen, dass Kinder, die noch im Kindergartenalter sind, also vor Einschulung natürlich zum einen nicht die Möglichkeit haben, sich schriftlich zu äußern, das ist klar. Da muss also ganz viel über Symbole, über Gespräch oder über Basteln laufen und da sind Themen in der Stadtentwicklung gegebenenfalls noch etwas schwierig, weil sie sehr komplex sind. Hier bietet sich dann eher eine Beteiligung bei sehr konkreten Projekten an. Spielplatz ist der Klassiker vielleicht auch mal im Straßenraum, ja, wo die jeden Tag durchlaufen, wie auch immer. Das können Sie begreifen. Das ist für Sie durchaus sehr gut planbar oder ein Schulhof oder bzw. eine große Kita Freifläche oder ähnliches. Ab 6 Jahre ist dann eigentlich das Alter, wo man mit ihnen in komplexere Planung einsteigen kann. Und erfahrungsgemäß sind auch die Kinder zwischen 6 und 10 Jahre, also in dem Grundschulalter klassisch enorm interessiert und total aktiv und super fit. Die können Stadtpläne schon lesen, also die sind sehr gut organisiert und können diese Aufgabe bereits bewältigen. Ab dann älteren Kindern und Jugendlichen sind natürlich die Aufgabenstellung können die durchaus komplexer und kognitiver sein. Nichtsdestotrotz glaube ich, es ist immer gut, wenn man auch den illustrativen, zeichnerischen, kreativen Aspekt; ich baue auch tatsächlich noch mal ein Modell oder stell meine Idee visuell da, mit nutzt, das ist auch für die Altersgruppen noch gut. Die sind natürlich besonders geeignet für Stadt Entwicklungsprojekte auf jeden Fall. Und man kann das natürlich auch gut andocken bei den Gruppen z.B. im Rahmen von Schulprojekten, also Projektwochen, Projekte bei Leistungskursen oder ähnlichem, da muss natürlich die Schule mitspielen, da muss der gegebenenfalls der Lehrer, die Lehrerin mitspielen. Das sind sicher so Formate. Worauf ich noch hinweisen möchte, ist es sind noch zwei Punkte. Man muss natürlich ein bisschen gucken, wie hole ich die Kinder und Jugendlichen ab, die entweder mit Migrationshintergrund vielleicht Sprachbarrieren haben. Das ist die eine Sache, da muss ich etwas anders rangehen, die vielleicht auch kulturelle Barrieren haben, erlebt man doch auch immer haben wir in kinderfreundliche Kommunen immer wieder erlebt auch bei Befragung, dass Mädchen aus bestimmten Kulturkreisen eben schon in der Familie in der Regel nicht gefragt werden, wenn es irgendwas zu entscheiden gibt. Sie erleben eher wenig Mitwirkungsmöglichkeiten im privaten Umfeld. Oft trauen sie sich das in der Schule schon nicht und die dafür zu öffnen, dass sie wirklich respektvoll und ernsthaft sich einbringen können, ist noch mal eine andere Herausforderung. Zum anderen geht es auch um die vulnerable Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit speziellen Behinderungen oder Beeinträchtigungen, die noch mal einen ganz anderen Blickwinkel natürlich in Planung reinsteuern können. Sind sie mit dem Rolli unterwegs? Sind sie vielleicht Sehbehindert oder wie auch immer. Die sollte man natürlich mitdenken und auch mit entsprechenden Formaten mitwirken lassen. Das ist aber eine natürlich auch ein schon erweiterter Anspruch, wäre aber auf jeden Fall wichtig.
Aline Fraikin: Haben jetzt schon immer am Rande hier und da verschiedene Akteurskonstellationen angesprochen. Also, sie hatten eben über ja eigentlich einen kultursensiblen Umgang gesprochen. Da sehe ich eigentlich auch noch mal geschulte Personen oder können das sozusagen auch Planende mit abdecken und ja, welche Akteurinnen sind in ihren Augen da unbedingt bei so ich sag mal idealen Beteiligungsprozess mit ins Boot zu holen und an den Tisch zu setzen.
Susanne Fuchs: Genau. Das kann jetzt der klassische kommunale Stadtplaner oder die Stadtplanerin natürlich jetzt erstmal so nicht, daher ist zum einen die Zusammenarbeit mit Jugendkoordination, Jugendhilfe, Jugendförderung extrem wichtig mit Leuten, die in die Jugendfreizeiteinrichtung beispielsweise sitzen oder in der Schulsozialarbeit arbeiten, also an den Gruppen quasi dran sind und da auch geschult sind entsprechend sozialpädagogisch geschult sind .Es kommt aber in der konkreten Beteiligung, in den Beteiligungsverfahren noch mal aus meiner Sicht ist es ganz wichtig ausgebildete Fachkräfte für Beteiligung hiermit einzubinden und deswegen kostet das eben auch etwas. Das sind im Idealfall Prozessmoderatoren oder Moderatorinnen für Kinder und Jugendbeteiligung. Diese Ausbildung Berufsbegleiten gibt es. Die wird unter anderem durch das Deutsche Kinderhilfswerk angeboten. Ich bin das auch. Das ist so ein modulhafter berufsbegleitender kleiner Ausbildungsgang und da kriegt man wirklich eine super super Schulung über verschiedene Beteiligungsformate. Man probiert Dinge aus und kennt auch die Hintergründe und die Rahmenbedingungen, auch die gesetzlichen Grundlagen und kann das sehr gut reinsteuern und kann auch einen Beteiligungsprozess vorher konzeptionieren. Es braucht einfach ein bisschen Vorbereitung. Ich muss wissen, wer ist mein Ansprechpartner, wie muss mir meine Formate überlegen, muss die absprechen mit den Beteiligten und das geht nicht einfach mal so aus dem Ärmel, sondern das braucht Vorbereitung und da sind natürlich diese Fachpersonen eigentlich gut. Seien es Stadtplaner in Büros, die beauftragt werden oder Landschaftsplaner, Landschaftsarchitekten in Büros, die beauftragt werden, bringen diese Spezialausbildung nicht immer mit. Sie haben oft schon aus Beteiligungsprozessen jeweils Erfahrung gewonnen, aber wenn da noch mal jemand dazu stößt in dieses Team, ist das aus meiner Sicht extrem wertvoll und auch für die für das Endergebnis sichert einfach eine Qualität.
Aline Fraikin: Mhm. Was würden Sie sagen, sind so die großen vielleicht drei oder fünf oder wie auch immer Herausforderungen im Bereich der Kinder und Jugendbeteiligung an Planungsprozessen und haben Sie vielleicht auch Lösungsansätze für diese Herausforderung?
Susanne Fuchs: Also eine Voraussetzung ist, dass es ein Budget geben muss, um Beteiligungsprozesse zu finanzieren. Egal in welchem Planungsvorhaben, am Anfang wird ja im Stadtentwicklungsamt oder in einem Fachamt überschlagen, wie viel Geld benötige ich für die ganzen Planungsschritte und nachher für die bauliche Umsetzung gegebenenfalls. Und da muss eben das Budget für die Beteiligung entsprechend mitgedacht werden und auch mit verankert werden. Das zweite ist, dass es in der Politik und in den planenden Ämtern zu einer Selbstverständlichkeit werden muss, dass das erfolgt und nicht für jedes Projekt das Ganze wieder neu ausgefochten werden muss, daher hat es sich bewährt, wenn die planenden Ämter insbesondere mit dem Jugendbereich, der das ja mit unterstützen soll, quasi einmal im Jahr so eine Art Projekt Beratung macht, wo die planenden Ämter sagen, die und die Projekte haben wir, die und die Planung haben wir vor; wo ist es denn möglich und wo ist es auch notwendig, Kinder und Jugendbeteiligung mit vorzusehen. So. Da hilft auch gegebenenfalls eine Dienstvereinbarung oder eine Art Leitlinie. Es gibt einzelne Kommunen in den kinderfreundlichen Kommunen wie Weil am Rhein, die sich dazu sogar eine kommunale Leitlinie gegeben haben, die von der Politik verabschiedet wurde zu Qualitätsstandards und Einsatzmöglichkeiten für Kinder und Jugendbeteiligung. Da hat das Ganze also eine politisches Commitment bekommen. Dann geht es natürlich auch um die enge Zusammenarbeit mit Personen, die quasi Gatekeeper sind, also die Kinder und Jugendliche erschließen, wenn das planende Amt eine Planung machen möchte und natürlich Kinder und Jugendliche sucht und erreichen möchte. Das sind aus meiner Sicht die wichtigsten Facts, wenn die da sind, dann kann sowas auch funktionieren.
Aline Fraikin: Wo sehen Sie die größten Potentiale für eine wirkungsvollere Einbindung von Kindern und Jugendlichen in den kommenden Jahren? Also gibt's vielleicht innovative Ansätze, die Sie als viel vielversprechend empfinden?
Susanne Fuchs: Es gibt tatsächlich neuere Themen, die Kindern und Jugendlichen natürlich auch total am Herzen liegen. Das ist nämlich alles rund um die Klimaanpassung und da sich die Kommunen auf den Weg machen, das sind oft die Naturschutzämter, die Klimaschutzbeauftragen, aber eben auch die Stadtentwicklung, darüber nachzudenken und Konzepte zu entwickeln, wie Quartiere klimaangepasster gestaltet werden können, ist das eine Aufgabe und das erfordert Planungskonzepte, da sind wir dann eher erstmal auf der informellen Ebene, wo es absolut gut wäre, Kinder und Jugendliche mitzunehmen, zumal das Klimathema natürlich in Schulen auch absolut gespielt wird. Das ist ja auch Inhalt von Lehrplänen. Also, da kann man eine gute Kooperation erzeugen. Das halte ich für ein super Potenzial. Es wird auch weiterhin Stadterneuerung geben, also das heißt Fördermittel für einzelne Gebiete in Kommunen und dafür wird es immer wieder erforderlich sein Entwicklungskonzepte neu aufzustellen oder fortzuschreiben. Und auch hier ist aus meiner Sicht eine super gute Möglichkeit gegeben, Kinder und Jugendliche noch mal anders einzubeziehen, weil daraus konkrete Förderprojekte entstehen. Das heißt, es wird auch was umgesetzt und die Kinder und Jugendlichen sehen auch, dass das dann vielleicht eine ihrer Ideen war, die dann auch gebaut wird oder wo eine soziale Aktion entsteht oder ähnliches. Natürlich wäre es auch wünschenswert oder ist es wünschenswert die Kinder und Jugendbeteiligung in dieser Format Bauleitplanung mehr in Umsetzung zu bringen, aber ich befürchte ein bisschen, also ich bin da einfach Realistin, das wird noch ein Moment dauern, weil da braucht's auch insbesondere nicht nur das politische Commitment, wie schon angesprochen, sondern es braucht auch ein Stück weit Fortbildung der Planerin und Planer. Sich diesem Thema noch mal anzunehmen, das macht man nicht so nebenbei, sondern da braucht man schon ein bisschen Hintergrundinformationen und oft scheitert man daran, na ja, sind die eigentlich wirklich in ihren Belangen betroffen hier bei unserer Planung oder ist das nicht zu abstrakt? Können die das schon? Wissen gar nicht mit welchen Methoden wir daran gehen sollen. Also, da gibt es schon viele offene Fragen noch. Und in den Kommunen, die sich auf den Weg zur kinderfreundlichen Kommune machen, ist ein Standard, den der Verein kinderfreundliche Kommune schon eingibt und anbietet, sogenannte Schulungen teilweise auch für spezielle Ämter zu diesem Themenfeld auf den Weg zu bringen. Und ich glaube, das ist so der erste Schritt, damit das Ganze dann in Umsetzung kommen kann.
Aline Fraikin: Vielleicht auch hier noch mal festgehalten, das ist eine wichtige Unterscheidung. Die Formellen Prozesse sind eigentlich sehr viel schwieriger in der Umsetzung, was Kinder und Jugendbeteiligung angeht, weil sie eigentlich auch einem sehr starren gesetzlichen Schema und eine Abfolge gerecht werden müssen, während man in den sogenannten informellen Prozessen eigentlich da ein bisschen freier agieren kann und vielleicht darüber dann auch die Kompetenzen ins Amt holen kann und die Erfahrung Kinder und Jugendliche zu beteiligen. Also, das wird noch ein bisschen dauern, bis das ja Gang und gäbe auch in formellen Prozessen ist. Ja, ganz zum Schluss fragen wir unsere Gäste immer noch nach einer Art Ausblick oder auch Forderung in Richtung kommunale Entscheidungsträger:innen. Also, was würden Sie den Kommunen in Deutschland gerne mit auf den Weg geben? Woran mangelt es derzeit vor allem in den Kommunen?
Susanne Fuchs: Ja, das sind sowohl fachliche Fragen als auch ein Stück weit politische Fragen. Es ist zumindest im Bereich der Stadtentwicklung so, dass es immer wieder sehr viele Neuerungen an Gesetzen gibt. Die Stadt Planung, gerade die Bauleitplanung wird überfrachtet mit sehr vielen verschiedenen Themenfeldern, ob das Entwässerung, Starkregen Management, Lärmbelastung, naturschutzfachliche Themenfelder, Baugrunduntersuchungen und ähnliches ist, das heißt, die Stadtplaner und Stadtplanerinnen müssen eine extrem große Vielfalt an Themen bereits berücksichtigen. Das Thema Öffentlichkeitsbeteiligung ist natürlich ein wichtiges Themenfeld, aber es ist eins von vielen, das muss man einfach so knallhart sagen. Und bis sich so ein Standard quasi einstellt, der in der vor der Aufstellung von Bauleitplänen bereits eine Beteiligung vorsieht, wird es noch eine Weile dauern. Aber das könnte unterstützt werden, braucht aber eben wie gesagt den politischen Anschub. Es braucht auch eine ja eine Öffnung der bisherigen Praxis, vielleicht auch ein bisschen Experimentierfreudigkeit. Es braucht auch ein bisschen Zeit dafür und manchmal ist man einfach mit den Prozessen zeitlich so überlastet, dass für ein Experimentieren keine Zeit mehr bleibt. Das klingt jetzt ein bisschen nach Jammern auf hohem Niveau, aber es gibt ja in der Politik auch das Thema des Bürokratisierungsabbaus. Auch hier ist sicher hilfreich, wenn man an anderer Stelle nicht so komplexe Verfahren bearbeiten muss, die unglaublich viel Zeit kosten wäre dann eventuell bisschen mehr Zeit, um sich der Beteiligung etwas besser zu widmen. Ich kann auch noch mal ein Plädoyer hier halten für eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadtentwicklung und dem Jugendbereich in einer Kommune.
Aline Fraikin: Das haben wir tatsächlich in Pankow.
Susanne Fuchs: Genau, also ist ein super Beispiel. In Berlin gibt es eine ausgearbeitete Vorlage quasi für so etwas. Die könnten andere Kommunen auch anpassen, andere Bezirke auch anpassen. Das wäre eigentlich eine tolle Sache. Dann hat man sich schon mal verpflichtet, so einen gemeinsamen Weg zu beschreiten. Das vielleicht als ein Ausblick.
Aline Fraikin: ja, vielen Dank für die tollen Einblicke in das Feld, das sicherlich vielen jungen Menschen immer als eine Art Blackbox erscheint. Also, sie geben ihre Meinung ab und wissen eigentlich gar nicht, was dann hinter den Kulissen damit passiert. Ich hoffe, dass das Interview ihnen da etwas Mut macht, indem es eben den Blick hinter die Kulissen ermöglicht hat. Es werden ja auch klare Defizite benannt die in meinen Augen aber auch immer wieder angesprochen werden müssen, damit sich endlich etwas ändert im Bereich der Kinder- und Jugendbeteiligung. Ja, wir sind am Ende dieser Folge. Ich hoffe, ihr entschuldigt die Länge dieser Folge, liebe Zuhörer:innen. Es gab einfach viel zu sagen zu dem Thema. Vielen Dank an unseren Gast Susanne Fuchs, schön, dass Sie da waren. Vielen Dank auch ans Medienkompetenzzentrum Reinickendorf, dass uns diese Aufnahme ermöglicht hat. Habt ihr, liebe Hörerinnen noch Fragen oder Wünsche für weitere Themen, die wir in unserer Reihe behandeln sollen? Dann schreibt uns gerne die Mail. Adresse gibt's in den Shownotes. Außerdem in den Shownotes werden wir einige Links zu interessanten Projekten und Instrumenten, die Susanne Fuchs erwähnt hat, verlinken. Wenn euch die Folge gefallen hat, abonniert unseren Podcast und lasst uns gern eine Bewertung da. Der Podcast ist eine Coproduktion der Städte Mannheim, Köln und des Bezirks Berlin Pankow. Redaktion Jürgen Brecht, Annika Latzers Schulte und Aline Fraikin. Produktion und Technik: Nick Lehmann vom Meredo, dem Medienkompetenzzentrum Reinickendorf. Musik und Schnitt Dylan White Cover und Artwork Maja Luna Neumann.
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